Verstoß gegen Art. 26 GG ?
Angriff auf Belgrad während 'Allied Force' 1999Erstmals 1992 wurden die Menschenrechte als höherwertig denn die Souveränität eines Staates angesehen. Diese Sichtweise war auch Grundlage der Entscheidung Deutschlands, sich im März 1999 an dem Krieg gegen Jugoslawien zu beteiligen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob Deutschland dazu überhaupt berechtigt war.
Artikel 26 GG stellt bereits die Vorbereitung eines Angriffskrieges unter Strafe. Im 2+4-Vertrag hat sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, dass das vereinigte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen. Diese Charta jedoch berechtigt die Staaten nicht zum Eingriff in Angelegenheiten die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staats gehören.
Tatsächlich stellt bereits am 06. April 1999 ein Privatmann im Auftrag der "Augsburger Friedensinitiative" Strafanzeige. Doch die Generalstaatsanwaltschaft läßt das Verfahren nicht zu. Als Begründung wird angeführt, dass die Bundesregierung sich nicht in der Absicht beteilige, das "friedliche Zusammenleben der Völker zu stören", sondern "eine völker- und menschenrechtswidrige Unterdrückung und Vertreibung der Kosovo-Albaner abzuwenden und zu beenden." Abschließend heißt es: Die Strafanzeige "läßt außer Betracht, daß es der Bundesregierung und ihren NATO-Partnern allein darum geht, die Führung der Föderativen Republik Jugoslawien nach langen vergeblichen Verhandlungen zu bewegen, von einer Unterdrückung der albanischen Volksgruppe im Kosovo abzulassen und zu einer friedlichen Politik zurückzukehren."

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Gab es die humanitäre Katastrophe ?
Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Machthaber in Belgrad in menschenrechtswidriger Weise gegen die Kosovo-Albaner vorgegangen sind. Solchem sollte immer begegnet werden. Aber die Wahl der Mittel dazu müssen sich an den tatsächlichen Geschehnissen orientieren. Es ist daher zu fragen, ob sich diese tatsächlich so waren, wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt wurden.

Zwei Lageanalysen - die eine vom Auswärtigen Amt vom 19. März, also fünf Tage vor Kriegsbeginn; die andere vom Verteidigungsministerium vom 23. März, 15.00 Uhr, also einen Tag vor dem Angriff - zeigen ein anderes Bild. Beide Analysen gehen davon aus, dass keine humanitäre Katastrophe unmittelbar bevorsteht.
In der Lageanalyse des AA heißt es, dass der Waffenstillstand nicht allein von den Serben, sondern "von beiden Seiten nicht mehr eingehalten" wird. Als Ziele der Operationen der jugoslawischen Streitkräfte (VJ) werden ferner auch nicht Völkermord und Vertreibung angegeben. Ziel sei vielmehr, "durch gezielte Geländebereinigung sämtliche Rückzugsmöglichkeiten für die UCK zu beseitigen". Die Zivilbevölkerung werde in der Regel sogar "vor einem drohenden Angriff durch die VJ gewarnt". Allerdings werde "die Evakuierung der Zivilbevölkerung vereinzelt durch lokale UCK-Kommandeure unterbunden". Nach Abzug der serbischen Sicherheitskräfte kehre die Bevölkerung meist in die Ortschaften zurück. Eine Massenflucht in die Wälder sei nicht zu beobachten. Und dann heißt es: "Von Flucht, Vertreibung und Zerstörung im Kosovo sind alle dort lebenden Bevölkerungsgruppen gleichermaßen betroffen. Etwa 90 vormals von Serben bewohnte Dörfer sind inzwischen verlassen. Von den einst 14 000 serbisch-stämmigen Kroaten leben nur noch 7000 im Kosovo. Anders als im Herbst/Frühwinter 1998 droht derzeit keine Versorgungskatastrophe."
Der Lagebericht im Verteidigungsministerium: "Das Anlaufen einer koordinierten Großoffensive der serbisch-jugoslawischen Kräfte gegen die UCK im Kosovo kann bislang nicht bestätigt werden." Es wird bezweifelt, dass die VJ dazu überhaupt fähig sind. "Die UCK ihrerseits wird wahrscheinlich weiter versuchen, durch die bekannten Hit-And-Run-Aktionen die serbisch-jugoslawischen Kräfte zu massiven Reaktionen zu provozieren in der Hoffnung, daß diese in den Ergebnissen hinsichtlich Zerstörungen und Flüchtlingen ein Ausmaß annehmen, das sofortige Luftschläge der NATO heraufbeschwört."

Flüchtlingslager Cegrane Zwei weitere wichtige Zeitzeugen: Der eine General Heinz Loquai, damals bei der OSZE zuständig für den Balkan, nach dem Krieg wegen seiner kritischen Haltung außer Dienst gestellt: "Die Legitimationsgrundlage für die deutsche Beteiligung war die sogenannte humanitäre Katastrophe, eine solche humanitäre Katastrophe als völkerrechtliche Kategorie, die einen Kriegseintritt rechtfertigte, lag vor Kriegsbeginn im Kosovo nicht vor."
Die andere Norma Brown, US-Diplomatin im Kosovo: „Bis zum Beginn der NATO-Luftangriffe gab es keine humanitäre Krise. Sicher, es gab humanitäre Probleme, und es gab viele Vertriebene durch den Bürgerkrieg. Aber das spielte sich so ab: Die Leute verließen ihre Dörfer, wenn die Serben eine Aktion gegen die UCK durchführten - und kamen danach wieder zurück. Tatsache ist: Jeder wusste, dass es erst zu einer humanitären Krise kommen würde, wenn die NATO bombardiert. Das wurde diskutiert: In der NATO, der OSZE, bei uns vor Ort und in der Bevölkerung.“
Tatsächlich machte Milosevic hier einen weiteren entscheidenen Fehler, indem er seine Kräfte anwies, die Albaner aus dem Kosovo nach Albanien und Mazedonien zu treiben. Damit verlor er nicht nur die öffentliche Meinung in Europa, sondern spielte der Politik in den NATO-Staaten in die Hände.

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Die Propaganda beginnt
Entsprechend wichtig war es, die moralische Legitimation hervorzuheben. Dies geschah mit solchem Erfolg, dass der Sprecher der NATO - Jamie Shea - sich nach dem Krieg anerkennend äußerte:
"Die politischen Führer spielten nun die entscheidende Rolle für die öffentliche Meinung. ... Sie wußten, welche Nachricht jeweils für die öffentliche Meinung in ihrem Land wichtig war. ... Nicht nur Minister Scharping, auch Kanzler Schröder und Minister Fischer waren ein großartiges Beispiel für politische Führer, die nicht der öffentlichen Meinung hinterher rennen, sondern diese zu formen verstehen. Es stimmt mich optimistisch, dass die Deutschen das verstanden haben."
Die nachfolgenden Abschnitte zeigen auf, was Jamie Shea meint.

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Die KZ-Behauptung
Bereits am 28.03.99 vermeldet Verteidigungsminister Scharping, dass es "ernst zu nehmende Hinweise auf Konzentrationslager" im Kosovo gebe. Im Norden von Pristina treibe man Eltern und Lehrer von Kindern zusammen und erschiesse sie vor deren Augen. Die Serbische Bevölkerung sei aufgefordert, ein weißes "S" auf die Türen zu malen um von Säuberungen verschont zu bleiben und im Fußballstadion seien Tausende interniert. Außenminister Josef "Joschka" Fischer versteigt sich mehrfach zu einem Vergleich zwischen Serben und Nazis und ruft mit den Worten "Nie wieder Auschwitz" zum Krieg auf. Bei der KZ-Behauptung bleibt Scharping auch in seinem späteren "Kriegstagebuch" mit dem Titel "Wir dürfen nicht wegschauen." Er beruft sich dabei auf Zeugenaussagen. Allerdings sei es nie gelungen, diese durch eigene Bilder zu belegen.
Was er verschweigt, ist das es sehr wohl Aufnahmen von Aufklärungsdrohnen gab. Allerdings haben diese jedoch die Behauptungen zu keiner Zeit bestätigt. Scharping hat darüber hinaus seine Zeugen nie benannt. Dagegen gibt es die Aussage von Shaban Kelmendi, einem kosovarischen Politiker, dessen Haus genau gegenüber dem Stadion liegt. Während des Krieges hat er sein Haus nie verlassen und nach seiner Aussage gab es dort niemals ein Internierungslager. Das Station habe immer nur als Landeplatz für Hubschrauber gedient.

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Grafik, welche die Taktik des Hufeisenplans verdeutlichen sollte Der Hufeisenplan
Am 07.04.99 legt Scharping der Presse eine Broschüre vor. Es handelt sich um die Analyse des "Hufeisenplanes", einem Operationsplan der Serben zur ethnischen Säuberung des Kosovo. Die Planung für den Hufeisenplan habe im Oktober 98 begonnen, die Umsetzung bereits im Januar 99. Und die Broschüre führt Beweise an. Da sind Bilder der verbrannten Häuser von Randubrava und der zerstörten Häuser von Sanhovici. Da sind Texte, welche erklären wie es zu den Zerstörungen kam und den "Hufeisenplan" belegen. So sollen die Häuser in Sanhovici z.B. dadurch zerstört worden sein, indem man im Dachboden eine Kerze anzündete und dann im Keller den Gashahn öffnete. Des weiteren wird auf Dokumente verwiesen, welche man über geheimdienstliche Wege erhalten habe und deren Richtigkeit man überprüft habe.
Doch schon das Bild von Randubrava weckt Zweifel, denn es zeigt das Aufnahmedatum April 99. Also wurde die Aufnahme erst nach Beginn der Luftangriffe gemacht, weshalb das Bild kein eindeutiger Beweis für vorher erfolgte Zerstörungen ist. Die Aussage von Shaip Rexhepi - einem UCK-Kämpfer - nährt die Zweifel. Zwischen dem 25. und 26. März sei die Bevölkerung nach Mamush evakuiert worden. Danach hätten die Serben damit begonnen die vierte Kompanie der 129. UCK-Brigade mit Granaten zu beschießen.
Auch das Bild von Sanhovici wurde erst im April '99 gemacht. Eine weitere Ungereimtheit ist, dass das Bild gar nicht Sanhovici zeigt, sondern Petershicta. Dort wurde Fatmir Zymeri Monate später nach den Zerstörungen befragt. Nach seiner Aussage entstanden diese bereits im Juni 1998. Damals hatte die UCK dort die serbischen Streitkräfte zurückgeschlagen und wurde anschließend vier Wochen lang mit schweren Waffen beschossen.
Selbst die Theorie mit den Kerzen im Dachboden und dem Gashahn im Keller hält einer Überprüfung nicht stand. Da das Gas schwerer ist als Luft, müßte es ein Haus schon Stockwerk für Stockwerk füllen, bis es sich entzünden könnte. Um das zu schaffen müßte man jede Ritze abdichten. Kaum anzunehmen, dass sich jemand die Mühe machen würde. Und selbst wenn, dann würde die folgende Explosion das Haus in Stücke reissen und nicht nur "anzünden". Entsprechend wurde Scharping auch von Journalisten gesagt, dass diese Methode nicht funktioniert. In einer Neuauflage der Broschüre vom Mai '99 sind die Bilder der Dörfer zwar noch vorhanden. Doch die Textzeilen mit der entsprechenden Beschreibung wurde entfernt.
Monate später stellen sich die vom Verteidigungsministerium zur Untermauerung des Hufeisenplans vorgelegten Dokumente als Fälschung des bulgarischen Geheimdienstes heraus. Doch bis zum heutigen Tag beharrt Scharping auf der Existenz des Hufeisenplanes und stellt Kritiker als "böswillig und ahnungslos" dar.
Zu diesen Kritikern gehört einmal mehr General Heinz Loquai. Dieser konnte die Berichte über den Hufeisenplan aus seiner Tätigkeit bei der OSZE in Wien nicht bestätigen und hat um ein Gespräch im Verteidigungsministerium nachgesucht. "Das habe ich bekommen. Das war im November und dort hat man mir gesagt, es habe kein 'Operationsplan Hufeisen' vorgelegen. Sondern was man hatte, war eine Darstellung der Ereignisse die im Kosovo abgelaufen sind und diese Darstellung konnte man aufgrund der OSZE-Berichte und anderer Berichte nachvollziehen. Aber es gab keinen 'Operationsplan Hufeisen'; so jedenfalls die Fachleute im Verteidigungsministerium."

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Das Massaker von Rugovo
Am 27.04.99 präsentiert der Verteidigungsminister der Presse Bilder eines Massakers, welches bereits am 29. Januar in Rugovo stattgefunden haben soll. Tatsächlich zeigen die Bilder eine Reihe von Leichen nebeneinander, wie nach einem Massaker.
Doch Journalisten erkennen sie als Bilder, welche die OSZE einem Gefecht zwischen Serben und der UCK zugeordnet haben. Die Leichen tragen teilweise Militärstiefel oder Rangabzeichen der UCK. Aber noch könnte das von den Serben arrangiert sein. Also die Frage an den Verteidigungsminister, auf welche Quellen er sich stütze. "Auf OSZE-Beobachter, die vor Ort waren" ist die Antwort.
Der erste OSZE-Beobachter vor Ort war der deutsche Polizeibeamte Henning Hensch. Seine Aussage zeigt etwas ganz anderes. "Am Tatort fanden wir einen roten Van, zerschossen, mit offenen Scheiben und insgesamt vierzehn Leichen in diesem Fahrzeug, und drei Leichen lagen außerhalb des Fahrzeuges. In der "Garage" genannten Stallung auf der Rückseite der Farm befanden sich fünf UCK-Fighter in den typischen Uniformen, den dunkelblauen mit dunkelgrün oder grün eingefärbten Uniformen, die dort im zehn Zentimeter hohen Wasser lagen. Und dann ging es noch etwa 300 Meter weiter zu einem zweiten Tatort, an dem wir wiederum vier Leichen fanden, und darüber hinaus sind die Leichen, die der Verteidigungsminister zeigen ließ, dort von den serbischen Sicherheitsbehörden und von mir und meinen beiden russischen Kollegen abgelegt worden, weil wir sie von den verschiedenen Fundorten oder Tatorten zusammengesammelt hatten."
Noch am 27.04.99 unterrichtet Henning Hensch den Verteidigungsminister, dass es so wie von ihm dargestellt nicht gewesen ist. Der offizielle OSZE-Untersuchungsbericht zu den Vorfällen von Rugovo geht von einem Feuergefecht zwischen UCK und Serben - nicht jedoch von einem Massaker aus. Doch damals wie heute weist der Minister jeden Verdacht empört von sich.

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Vermutete Massengräber im KosovoMassengräber ?
NATO-Sprecher Jamie Shea verglich den Kosovo mit den kambodschanischen "Killing Fields" - Verteidigungsminister Scharping sprach von "Leichenbergen". Anfang April bringt das US State Department die Zahl 500.000 Getöteten in Umlauf. Am 18. April spricht David Scheffer - US-Botschafter für Kriegsverbrechen - von "möglicherweise bis zu 100.000 Toten". Ende Juni - am Ende des Krieges - wird die Zahl drastisch korrigiert. Fortan ist die Rede von 10.000 getöteten Kosovo-Albanern.
Unmittelbar nach dem Einmarsch der MND in den Kosovo treffen 20 Expertenteams aus 15 Ländern mit 500 Spezialisten ein. Tatsächlich werden einige hundert Leichen gefunden, die das Schreckensbild zu bestätigen scheinen. Aber nach den ersten Funden reist die Kette der Entdeckungen ab. Das FBI inspiziert im britischen Sektor 30 Orte und stößt dabei auf 200 Leichen - nicht jedoch auf die befürchteten Leichenberge. Insgesamt 195 der 529 vermuteten Massengräber untersuchen die Experten zwischen Juni und Oktober 1999. Sie stoßen auf 2.108 Leichen. Ein Großteil davon in Einzelgräbern. Doch machen die Ermittler keine Angaben über Nationalität und Todesursache. Die Toten dürften beiden Seiten angehören und während Kampfhandlungen getötet worden seien.

Auch wenn es keine Völkervernichtung im Kosovo gab - die Bilder bleiben grausig genugVier Orte wurden während des Krieges genannt, an denen die schlimmsten Funde zu machen seien. Izbica, Ljubenic, Trepca und Istok.
Bei Izbica sollen 150 Albaner getötet und in Massengräbern verscharrt worden sein. Satellitenfotos, die Erdbewegungen beweisen sollen, werden präsentiert. Belgrad dementiert und zeigt Aufnahmen des Geländes sowie Interviews mit ansässigen Bauern. UN-Ermittler finden nach Kriegsende bei Izbica keine Leichen, aber Spuren die auf die Beseitigung eines Massengrabes deuten. Indizien also, aber keine Beweise.
Zurückziehende serbische Streitkräfte hätten in aller Eile in Ljubenic 350 Leichen vergraben. UN-Ermittler inspizieren das Gelände und finden 7 Leichen.
Die UCK berichtet von einem riesigen Massengrab in der Trepca-Mine. In einem Ofen seien täglich bis zu 100 Menschen verbrannt und ihre Überreste anschließend in die Minenschächte geworfen worden. Etwa 6.000 Kosovo-Albaner hätten so ihr Leben verloren. UN-Ermittler befürchten in der Mine bis zu 700 Tote zu finden, aber am 11. Oktober wird bekannt gegeben, dass nicht die Spur auch nur eines einzigen Opfers gefunden werden konnte.
Mindestens 2000 Leichen wurden in Istok vermutet. Aber am Ende seiner Untersuchung war das spanische Pathologen-Team auf insgesamt 187 Tote gestoßen. Über die Hälfte davon waren allerdings auf den Raketenangriff der NATO auf das Gefängnis in Istok zurück zu führen.

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Warum der Krieg ?
Es gibt keinen Zweifel das die albanische Mehrheit in der jugoslawischen Provinz Kosovo durch Milosevics Regierung in Belgrad in menschenrechtswidriger Weise mit Repressalien überzogen worden war. Das die UCK nach deren Aufstellung gerüttelt Maß an der Verschärfung des Konfliktes hatte, ändert daran nichts. Denn deren Aufstellung war Folge davon, dass jahrelange Versuche gemäßigter Politiker auf taube Ohren gestoßen waren. Desweiteren kam es mit Sicherheit zu Übergriffen, die Tote kosteten, wenn auch die Wahrheit der jeweiligen Darstellungen irgendwo in der Mitte liegen dürfte. Der letztendlich stattgefundene militärische Eingriff war von daher notwendig und moralisch berechtigt !!

Doch das er überhaupt erst notwendig wurde, liegt an Mängeln in der Politik aller europäischen Länder. Milosevic trat mit dem Anspruch "ein Jugoslawien für alle Serben" an und hat über 10 Jahre diese Politik umgesetzt. Zeit genug für wirtschaftlichen und politischen Druck. Doch zeigte sich die Politik Europas zögerlich. Jedes Land hatte "seine Klientel" im "künstlichen Vielvölkerstaat Jugoslawien". Embargos wurden nur unvollständig durchgeführt. Einerseits blockierte man das Land - andererseits handelte man kräftig weiter und hoffierte das Regime in Belgrad sogar. Was fehlte, war der "Runde Tisch" an dem sich die Machthaber Europas über eine gemeinsame Balkanpolitik und deren gemeinsame Durchsetzung hätten einigen können.

Ein weiteres kam hinzu. In Bosnien hatte die Allianz sich - mit einigen wenigen Bombenangriffen - durchgesetzt. Aber unbewaffnete UN-Soldaten waren als Geiseln genommen worden. Die Bilder von an Fabriken und Brücken angeketteten UN-Soldaten waren eine Schmach für Europa, dem es sich so nicht mehr aussetzen wollte. Schließlich schickte sich Europa an in der Weltordnung, nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, eine gewichtigere Rolle als bisher zu spielen. Wie wollte es dabei ernst genommen werden, wenn es noch nicht einmal so eine "Kleinigkeit" wie das Jugoslawien-Problem in den Griff bekam?

Als sich die Lage im Kosovo immer mehr zuspitzte war klar das vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen kein Mandat zu erhalten wäre, da Rußland und China ihr Veto einlegen würden. Nach einer Ablehnung im Sicherheitsrat hätte zwar eine Vollversammlung der UN dennoch ein Mandat erteilen können. Ähnlich wie diese Vollversammlung ja während des Krieges den Antrag Rußlands auf Verurteilung der Angriffe ablehnte. Aber eine Vollversammlung hätte auch gegen einen Eingriff entscheiden können und globalpolitisch kam hinzu, dass man wohl auch zeigen wollte, dass man nicht bereit war sich durch eine blockierte UNO in der Durchsetzung seiner Interessen auszählen zu lassen.

Eine "letzte Chance" erhielt Jugoslawien in Rambouillet. Aber war es wirklich eine Chance - oder ging es mehr um eine Legitimierung militärischer Handlungen? Waren im Vertrag tatsächlich "unannehmbare Forderungen" enthalten wie Vorwürfe laut wurden? Brachte sich Europa mit Rambouillet nicht selbst in die Lage ohne Gesichtsverlust nicht mehr anders als militärisch reagieren zu können?

Die Folgen jedenfalls sind bekannt. Die Operation "Allied Force" lief an - und mit ihr der erste "scharfe Test" der Führungsstrukturen vieler europäischer Streitkräfte. Noch war ein solches Vorgehen ohne die USA nicht möglich. Aber zumindest konnte Europa seine im Umbau befindliche Militärstrukturen ausprobieren. Dabei geht es weniger um die Fähigkeiten zum unmittelbaren militärischen Kampf. Das die jugoslawischen Streitkräfte der geballten NATO-Macht nicht lange würde entgegentreten können, war klar. Schließlich hatte die NATO eine Luftüberlegenheit von 40:1 und am Boden verfügte Jugoslawien über kein Gerät, jünger als 25 Jahre. Es geht viel mehr um die "Organisationsstruktur im Hintergrund". Dieser "Apparat" wurde während "Allied Force" erfolgreich getestet. Zeitgleich konnte der politische Umgang mit der Stimmung in der Bevölkerung sowie die Fähigkeiten zur Beherrschung und Bewältigung eines solchen Konfliktes getestet werden. Letzteres gelang. Mit Mühe nur und haarscharf an der Grenze eines notwendigen Einsatzes von Bodentruppen.

Die militärischen Fähigkeiten zeigten viele Mängel auf. An deren Beseitigung arbeiten die europäischen Staaten nun mit Nachdruck. Auch die Propagandafehler wurden behoben, wie die veränderte Informationspolitik z.B. bei "Enduring Freedom" zeigt. Weiterhin zu vermissen ist jedoch die Arbeit an den politischen Mängeln die den Kosovo-Krieg erst notwendig machten.

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Quellennachweise:
Die nachstehenden Quellen wurden zur Recherche des vorliegenden Beitrages genutzt; deren Inhalte jedoch in keinem Fall wörtlich übernommen. Ähnlichkeiten können sich aus der Wiedergabe der Aussagen von Zeitzeugen ergeben.

Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. November 1998 (Bericht über die Asyl- und Abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien.)

"Das Massaker von Racak" - Beitrag von Klaus Hartmann vom Deutschen Freidenker-Verband

"Kosovo und Mazedonien" - Gastkommentar von Martin van Creveld in Die Welt

"Es begann mit einer Lüge" - Sendung von MONITOR

Essay des Südosteuropa-Experten an der Konrad-Adenauer-Stiftung Magarditsch Hatschikjan in der Frankfurter Rundschau über die europäische Balkanpolitik

"Strafantrag abgelehnt" - Veröffentlichung der Augsburger Friedensinitiative

"Das Verbrechen von Racak" - Dossier der Gesellschaft für bedrohte Völker

"Untersuchungen über Kosovo-Krieg rücken UCK ins Zwielicht" - Bericht von Katja Ridderbusch in Die Welt

"Krieg nach Gefühl" - Artikel des Hamburger Friedensforschers Dieter S. Lutz in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung - Wiedergabe bei der dfg-vk

"Scharping-Lügen haben kurze Beine" - Artikel von Frank Deichmann, Chefredakteur NOVO

"Enthüllungen eines Insiders" - PANORAMA-Bericht des ZDF von Patricia Schlesinger - Wiedergabe der dfg-vk

"Konfliktmanagement durch militärische Intervention? - Dilemmata westlicher Kosovo-Politik" - Studien zur Kosovo-Politik von August Pradetto - herausgegeben vom Institut für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr Hamburg

"Positionspapier zum Kosovo-Konflikt" - Hintergrundinformationen, Fakten und Argumentationshilfe für GRÜNE und andere Angehörige der Friedensbewegung