Allied Force

Der Kosovo - Krieg

(oder: Wie die Bundesrepublik Deutschland ihre Unschuld verlor)

Nachstehend versucht der Autor dieser Website eine chronologische Aufarbeitung des Kosovo-Krieges. Von der Geschichte des Konfliktgebietes, über die Beweggründe der Handelnden in Jugoslawien und der Allianz, bis hin zu den Widersprüchen in der Beteiligung der NATO. Der Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder und ist nicht als offizielle Meinung der Reservistenkameradschaft Rimpar oder des Reservistenverbandes zu verstehen!

Geschichte des Konfliktgebietes

Chronologie des Konfliktes

Das Problem mit dem UN-Mandat

Das Massaker von Racak

Letzte Chance Rambouillet

Der Krieg beginnt

Verstoß gegen Art. 26 GG ?

Gab es die humanitäre Katastrophe ?

Die Propaganda beginnt

Die KZ-Behauptung

Der Hufeisenplan

Das Massaker von Rugovo

Massengräber ?

Warum der Krieg ?

Quellennachweise

Karte des Kosovo Geschichte des Konfliktgebietes
Im 7. Jahrhundert wandern Serben in das Gebiet ein und gründen ein Reich mit dem Zentrum im Kosovo, welches zeitweise bis nach Griechenland reicht.
1389 besiegen die Osmanen die Serben auf dem "Amselfeld".
1878 bekommen die Serben ihre Unabhängigkeit. Das Kosovo ist inzwischen stark von islamisierten Albanern besiedelt.
Bis 1912 gehört das Kosovo zum osmanischen Reich.
1913 wird es Teil des "Königreich Serbien".
1945 wird es unter dem kommunistischen System Jugoslawiens autonomes Gebiet innerhalb der Republik Serbien.
1963 wird es autonome Provinz.
1974 erhält es in der neuen Verfassung unter "Tito" einen autonomen Status innerhalb Serbiens. Bis auf das Recht zur Abtrennung erhält es faktisch alle Rechte einer Teilprovinz. Die Stärkung der Rechte der Albaner führt in der Folge zu einem Anstieg des Nationalismus.
Als 1981 Spannungen zwischen den Albanern und der serbischen Minderheit zum einem Aufstand der Kosovo-Albaner mit der Forderung nach Abtrennung von Jugoslawien führen, verhängt dieses das Kriegsrecht.

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Slobodan MilosevicChronologie des Konfliktes
Anfang 1987 wird Slobodan Milosevic Vorsitzender der kommunistischen Partei Serbiens. Als er im April den Kosovo besucht, schürt er serbisch-nationalistische Emotionen gegen die Albaner. Im Herbst wird er Präsident der Republik Serbien.
1989 stellt Jugoslawien den Kosovo unter Ausnahmezustand und hebt seine Autonomie auf, worauf es zu Protesten kommt. Die VerfassungJugoslawiens erhält Zusätze, mit dem das Land als "einheitliche Republik" definiert wird.
Bei der 600-Jahr-Feier der Schlacht auf dem Amselfeld kündigt Milosevic "neue Schlachten" an.
Im Juni 1990 geht Jugoslawische Polizei gegen albanische Demonstranten im Kosovo vor und löst die albanische Polizei auf. Truppen werden in den Kosovo verlegt und der Autonomiestatus der Region endgültig aufgehoben. Albanische Vertretungsorgane im Kosovo erklären im Juli die "Unabhängigkeit der Republik Kosova". Als Reaktion lässt Milosevic durch serbische Polizei und Armee Regierung und Parlament des Kosovo auflösen. Es folgt eine ganze Reihe von Repressionen wie z.B. das Verbot serbisch-kritischer Medien. Eine "Serbisierungskampagne" wird gestartet. Im September beginnt im Kosovo ein Generalstreik gegen die Repressionen.
Mitte 1991 erklären Kroatien und Slowenien ihre Unabhängigkeit von Serbien. Im Herbst gibt es ein von albanischer Seite organisiertes Referendum für die "Unabhängigkeit des Kosovo" und die Sezession von Jugoslawien. Im Anschluß wird die "Republik Kosova" ausgerufen, aber lediglich von Albanien anerkannt.
Im Januar 1992 erkennt die EU lediglich die Autonomie von Kroatien und Slowenien an. Einzig Albanien unter dem neu gewählten Präsidenten Berisha stellt sich auf die Seite des Kosovo. Er bietet den Kosovo-Albanern die Albanische Staatsbürgerschaft an und spricht sich für die Unabhängigkeit des Kosovo aus. Nach europäischen Protesten schwenkt er aber auf eine moderatere Linie ein.
Im selben Jahr vereinbaren die Außenminister der EU-Staaten erstmals, künftig den Eingriff in die "Inneren Angelegenheiten" eines Staates bei vorliegen von Verstößen gegen die Menschenrechte als höherwertig zu betrachten, denn die Souveränität der Staaten.

Ibrahim RugovaIm Mai führen die Kosovo-Albaner Wahlen durch, in deren Folge eine Exilregierung unter Ibrahim Rugova entsteht. Belgrad erklärt die Wahlen für illegal. Im Kosovo werden staatliche Strukturen in allen Bereichen aufgebaut, die in Konkurrenz zu den offiziellen Organen stehen. Dadurch wird die Kluft zwischen den Ethnien noch größer.
Ein Jahr später gründet sich die albanische Untergrundorganisation LKCK, welche ihr Ziel der Vereinigung aller Albaner mit bewaffnetem Kampf erreichen will.
Im Herbst 1994 fordert Rugova die Schaffung einer Konförderation zwischen Kosovo und Albanien.
1995 tritt erstmals die "Kosovo-Befreiungsarmee" UCK auf. Die Exilregierung des Kosovo fordert die UN auf, den Kosovo zur UN-Schutzzone zu erklären. Der Westen ist aber mit dem Konflikt um Bosnien-Herzegowina beschäftigt, bei dem es im Dezember zum "Abkommen von Dayton" kommt. Milosevic gewinnt dadurch einen Teil seines politischen Ansehens im Westen zurück.
1996 führt die UCK eine Reihe von Anschlägen gegen serbische Einrichtungen, serbische Polizei, Zivilisten und "albanische Kollaborateure" durch. Serbische Polizei geht daraufhin verstärkt gegen die UCK vor. Im Mai fordert die "Bosnien-Kontaktgruppe" (USA, Russland, GB, F, I, D) Belgrad zur Herstellung einer weitgehenden Autonomie für das Kosovo auf. Die USA erklären notfalls zum militärischen Eingriff bereit zu sein. Im September vereinbaren Rugova und Milosevic eine "Ausbildungsnormalisierung", die aber nie wirksam wird. Im Oktober vereinbaren die BRJ und Deutschland die Rückführung von 100.000 albanischen Asylanten in den Kosovo.
1997 wird der serbische Direktor der Universität Pristina (Kosovo) wird durch eine Autobombe schwer verletzt. In den folgenden Wochen werden Dutzende von Albanern verhaftet, während die andere Seite immer wieder Polizeistationen der Serben überfällt. Als im Oktober der Milosevic-Kritiker Djukanovic bei den Präsidentenwahlen in Montenegro eine knappe Mehrheit gegen den Milosevic-Anhänger Bulatovic erringt, erkennt Belgrad die Wahl nicht an. Im November schlagen der Deutsche und der Französische Außenminister Milosevic eine Lösung der Kosovofrage "auf europäischer Ebene vor" und versprechen die Wiederaufnahme von diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zur EU sowie die Reorganisation der jugoslawischen OSZE-Mitgliedschaft, falls Belgrad darauf eingeht.
1998 beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Im März beginnt Belgrad mit militärischen Operationen gegen die UCK vor allem in der Region Srbica. Aber auch gegen friedliche Demonstrationen geht die serbische Polizei in aller Härte vor. Die "Bosnien-Kontaktgruppe" will nun Milosevic mit Druck zu einer Autonomielösung für den Kosovo bewegen, verurteilt gleichzeitig den "Albanischen Terrorismus". USA droht im Fall weiterer serbischer Provokationen mit militärischer Intervention. Die zweiten Albanischen Wahlen für eine Exilregierung bestätigt Ibrahim Rugova, wird jedoch von Belgrad für illegal erklärt. Selbst die UCK erkennt die Exilregierung nicht an. Im April lässt Milosevic eine Volksabstimmung über die Internationalisierung des Kosovo-Konfliktes durchführen, welche die albanische Bevölkerung aber boykottiert und die deshalb mit 94,7 % gegen das Votum ausfällt. Im Mai treffen sich Rugova und Milosevic in Belgrad und vereinbaren Verhandlungen zur Beilegung der Krise. Dies wird Rugova von verschiedenen albanischen Interessengruppen als "Kapitulation" vorgeworfen. Ende Mai vereinbaren die EU-Außenminister bei ihrem Frühjahrstreffen eine Ausweitung oder Verschärfung des Kosovo-Konfliktes notfalls mit militärischen Mitteln Einhalt gebieten zu wollen. Anfang Juni verschärft die EU die Sanktionen gegen Belgrad. Die UNO berichtet von rund 50.000 Flüchtlingen aus dem Kosovo. Nach Überfällen auf albanische Dörfer sagen albanische Vertreter geplante Gespräche mit Belgrad ab, woraufhin die USA erklären ihre Vorbereitungen für eine Intervention zu beschleunigen. Bei der Frühjahrstagung der EU-Verteidigungsminister werden erstmals militärische Schläge der NATO gegen Ziele in der ganzen BRJ in Erwägung gezogen. Bei diplomatischen Gesprächen mit Russland macht Milosevic Zugeständnisse, lehnt jedoch einen Rückzug der serbischen Sicherheitskräfte ab. Die USA erklären daraufhin die Gespräche für gescheitert. Albanien fordert sofortige Intervention der NATO. Die "Parlamentarische Partei Kosovo" bietet sich der UCK als "politische Plattform" an. Ende Juni beginnt eine Großoffensive serbischer Truppen gegen die UCK im Kosovo.
Im Juli erklärt die UCK, dass sie jede politische Kraft im Kosovo - insbesondere Präsident Rugova - ablehnt; sich auf keinen Dialog mit Belgrad mehr einlassen und ihren Freiheitskampf militärisch bis zum Ende führen will. Amnesty International beschuldigt die UCK "übermäßiger Gewaltanwendung", Entführung und Tötung serbischer Zivilisten, sowie internationalen Hilfsorganisationen den Zugang in das Konfliktgebiet zu verwehren. Albanien versetzt seine Truppen in Alarmbereitschaft. Das türkische Parlament ermächtigt die Regierung zur Entsendung von Truppen. Nachdem EU-Beauftragte die albanische Führung gedrängt haben, sich auf eine gemeinsame Plattform zur Aufnahme von Verhandlungen mit Belgrad zu verständigen, erklärt Milosevic die Offensive im Kosovo für beendet und sagt der EU Zurückhaltung zu.
Doch bereits im August fordert Rugova die UNO auf, die "serbische Militärmaschine" zu stoppen. Das US-Verteidigungsministerium signalisiert, dass die Pläne für eine Intervention nahezu abgeschlossen seien. Nun müsse sich für oder gegen einen Angriff entschieden werden. Frankreichs Präsident Jacques Chirac erklärt das dies ohne Zustimmung Russlands nicht möglich sei und sieht als Vorraussetzung eine Einigung im UN-Sicherheitsrat. Zeitgleich werden die bisher schwersten Auseinandersetzungen zwischen der UCK und den serbischen Kräften gemeldet, woraufhin der UN-Sicherheitsrat die Konfliktparteien zu einem Waffenstillstand aufruft. UN-Generalsekretär Kofi Annan beschuldigt NATO und EU einer Mitschuld an der Eskalation, da sie Maßnahmen zur Durchsetzung des Waffenembargos versäumt haben. Der NATO-Rat erteilt dem Oberkommandieren Europa Planungsauftrag zur Bereitstellung von Truppenkontingenten für einen möglichen Einsatz im Kosovo.

Nach anfänglichen Erfolgen der UCK wird sie im August und September fast vollständig aufgerieben. Mitte Oktober kommt es zum Holbrooke-Milosevic-Abkommen zwischen der OSZE und Jugoslawien. Tatsächlich lassen die serbischen Repressionen unter dem Einfluss der KVM (Kosovo Verification Mission) in der Zeit von Oktober bis Dezember 1998 nach. Die UCK jedoch nutzt die Atempause, um ihre Kräfte zu verstärken und neu zu gruppieren. Es fehlt an effektiven Massnahmen zur Eindämmung der UCK, die weiterhin in den USA und Westeuropa - insbesondere Deutschland und der Schweiz - Spendengelder sammeln, Rekruten werben und Waffen über die albanische Grenze schmuggelt. Die Kosovo-Albaner, die nicht am Holbrooke-Milosevic-Abkommen beteiligt waren, fühlten sich vom Westen mit diesem Abkommen hintergangen. Sie versuchten in dieser Zeit offensichtlich die Serben zu militärischen Schlägen zu provozieren, um so die NATO doch noch zum Eingriff zu bewegen. Ab Dezember nehmen die Angriffe der UCK auf serbische Sicherheitskräfte und Zivilisten wieder stark zu.

Im November heißt es in einem internen "Lagebericht" des "Auswärtigen Amtes" der BRD über die Asyl- und abschieberelevante Lage in die BRJ: "Die Wahrscheinlichkeit, dass Kosovo-Albaner im Falle ihrer Rückkehr in ihre Heimat massiven staatlichen Repressionen ausgesetzt sind, ist insgesamt als gering einzustufen. (...) Als inländische Fluchtalternativen kommen vor allem Zentralserbien (hier insbes. Belgrad) und Montenegro in Betracht."
Zwar ist es richtig, dass es bis dahin keine "Massenflucht" aus dem Kosovo gab. Die Lageeinschätzung des AA dürfte aber in zynischer Weise die Wirklichkeit mißachten. Vertreibung und Flucht aus dem Kosovo haben nicht erst mit den NATO-Bombardements auf Jugoslawien begonnen: Schon seit Beginn der achtziger Jahre berichten z.B. nach Österreich geflohene Kosovo-Albaner von Verhören, Verhaftungen, Hausdurchsuchungen, Mißhandlungen, der Zerschlagung des alternativen Schulsystems und anderen weitverbreiteten Menschenrechtsverletzungen. Seit 1995 kamen jährlich über tausend Flüchtlinge aus der Bundesrepublik Jugoslawien allein nach Österreich. 1998 waren es 6.647, der Großteil von ihnen ethnische Albaner aus dem Kosovo. Insgesamt befinden sich hunderttausende Ende 1998 auf der Flucht aus ihren zerstörten Dörfern und Städten.

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Das Problem mit dem UN-Mandat
Bereits frühzeitig hatten die NATO-Staaten sich um ein UN-Mandat für einen Eingriff im Kosovo bemüht. Bis zum Kosovo-Konflikt galt ein UN-Mandat als absolutes "muß" für einen militärischen Einsatz. Ohne ein solches Mandat nach Art. VII der UN-Charta wären die Mitgliedsstaaten der UNO nicht zum Eingriff berechtigt. Es gab nur zwei Probleme:
1. Die UN-Charta sagt eindeutig, dass die Mitgliedsstaaten der UNO nicht zum Eingriff in die "inneren Angelegenheiten" eines Staates berechtigt sind. Da aber der Kosovo einzig von Albanien als eigener Staat anerkannt war, zählte er faktisch zur Bundesrepublik Jugoslawien.
2. Russland und China weigerten sich einem UN-Mandat zuzustimmen, welches zu Eingriffen in Jugoslawien berechtigt hätte, und stellten als Mitglieder des Sicherheitsrates der UNO ihr VETO in Aussicht.
Im September 98 scheiterten die Bemühungen um ein UN-Mandat endgültig. In einer Resolution der UNO wurde zwar die Unterdrückungspolitik der Serben verurteilt und verschiedene Forderungen an Belgrad formuliert, aber die Legitimation von Luftangriffen und anderer militärischer Maßnahmen scheiterten am VETO Russlands. Normalerweise hätten die anderen Länder dann eine "Vollversammlung" der UNO verlangen können. Diese hätte das Veto Russlands überstimmen und die NATO zu den Luftangriffen legitimieren können. Dies aber geschah nicht. Erst nach Beginn der Angriffe der NATO auf Jugoslawien wurde das Vorgehen der Allianz nachträglich von der Vollversammlung gebilligt.
Schon 1993 hatte der damalige US-Präsdent Bill Clinton in einem geheimen Regierungspapier festgelegt: "Mit der UN wenn möglich, ohne sie wenn nötig." Die NATO, so der Tenor des Papiers, solle die Entscheidungskriterien für die UN festlegen - nicht umgekehrt. Hier aber ging es nicht nur um amerikanische Regierungspolitik, sondern um einen multinationalen Einsatz. Also versuchte man eine "andere Legitimation" zu finden. NATO-Generalsekretär Javier Solana schlug bereits im Juni 98 vor, den Einsatz auf Grundlage eines OSZE-Mandats zu machen; wohl wissend das die OSZE gar keine "Kampfmandate" erteilen kann sondern ausschließlich Mandate für friedenserhaltende Maßnahmen wenn beide Konfliktparteien zustimmen. Vereinzelt wurde auch versucht die Legitimation aus der Übereinkunft der EU-Aussenminister abzuleiten, nach der auch der Eingriff in innere Angelegenheiten eines Staates bei vorliegen von Menschenrechtsverletzungen möglich sein sollte. Schließlich wurde in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt, Russland und China seien am fehlenden UN-Mandat schuld und man müsse den Einsatz wegen der drohenden humanitären Katastrophe nun leider ohne Mandat trotzdem machen.

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Das Massaker von Racak
Am Morgen des 16.01.99 entdecken Journalisten zusammen mit OSZE-Beobachtern im Dorf Racak gegen 09.00 Uhr einen Graben mit über 40 Leichen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Ort wieder in der Hand der UCK. Die amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Helsinki sprach mit Angehörigen und Augenzeugen der serbischen Operation vom 15. Januar. Racak wurde von serbischen Einheiten gegen 06.30 Uhr umstellt. UCK und Bevölkerung floh aus dem Ort. Eine Augenzeugin sah mindestens 40 Polizisten, die aus einer Distanz von 20 Metern vom Berg herab das Feuer auf die Fliehenden eröffneten. Ihr Mann und ihr Sohn wurden von Kugeln getroffen und blieben liegen. Ein 70 Jahre alter Mann aus derselben Gruppe beobachtete, wie sein 22-jähriger Enkel erschossen und seine 18-jährige Enkelin mit ihrer Mutter verwundet wurden. Die Dorfbewohner, die es nicht aus dem Dorf heraus schafften, versteckten sich im Haus von Sadik Osmani. Gegen 11 Uhr holte die serbische Polizei 30 Männer aus dem Haus. Sie mußten sich im Hof auf den Boden legen. Gegen 13 Uhr wurden 23 Männer von der Polizei abgeführt. Die im Haus zurückgebliebenen vermuten, dass die Polizei die Männer zur Wache nach Shtime/Stimlje mitnahm. Gegen 15 Uhr hörte ein Albaner Schüsse aus der Richtung, wo später die Leichen gefunden wurden. Die Beobachter der OSZE wurden am 15.1.1999 nach eigenen Angaben von den serbischen Truppen daran gehindert, den Ort Racak zu betreten. Sie seien erst am späten Nachmittag in das Dorf gefahren und hätten unbestätigte Berichte gehört, wonach Frauen und Männer getrennt und die Männer von den serbischen Truppen abgeführt worden seien. Am Mittag des 16. Januar trifft William Walker, Chef der OSZE-Verifizierungs-Mission, am Ort ein und drückt seine Empörung aus.
Relativ schnell aber tauchen Ungereimtheiten auf. Schon am 19. Januar berichtet die New York Times, dass US-Außenministerin Madeleine Albright nach Aussage eines anonymen Repräsentanten der Regierung, bereits Informationen über die Ereignisse in Racak gehabt hätte und sie bereits "virtuell" anklagt hätte - einen Tag, bevor das "Massaker in Racak" "entdeckt" wurde.
Am 20. Januar erscheint in einem Leitartikel der französischen Tageszeitung Le Figaro eine chronologische Darstellung der Ereignisse vom 15. Januar. "Bei Dämmerung haben serbische Polizeikräfte das Dorf Racak, bekannt als Hochburg der separatistischen UCK-Guerillas, umstellt und dann angegriffen. Die Polizei schien nichts zu verbergen zu haben, ab 8.30 Uhr lud sie ein Femsehteam (zwei Journalisten von AP TV) ein, um die Polizeiaktion zu filmen. Die OSZE wurde ebenfalls vorgewarnt, die daraufhin zwei Wagen mit amerikanische Diplomatenlizenz zum Schauplatz schickte. Die Beobachter postierten sich den ganzen Tag auf einem Hügel, von dem sie das Dorf beobachten konnten. Um 15.30 Uhr verließen die Polizeikräfte, gefolgt vom AP TV-Team, den Ort und transportieren dabei erbeutete Waffen ab.

So sahen die Fahrzeuge der OSZE-Beobachter im Kosovo aus Um 16.40 Uhr fuhr ein französischer Journalist durch das Dorf und traf auf drei orangefahrbene OSZE-Fahrzeuge. Die internationalen Beobachter sprachen ruhig mit drei Albanern mittleren Alters in Zivilkleidung. Sie suchten nach möglichen zivilen Opfern. Als der Journalist um 18 Uhr in das Dorf zurückkehrte, wirkten die Beobachter nach seiner Aussage nicht sonderlich beunruhigt und erwähnten keine besonderen Vorkommnisse. Sie sagten nur, sie seien "nicht in der Lage, eine Opferzahl zu benennen."
Die Bilder, welche die Journalisten von AP TV aufgenommen haben, zeigen dass der Schußwechsel sehr stark wurde, als die Polizisten eng an die Mauern gedrückt von den UCK-Schützengräben in den Hügeln unter Feuer genommen wurden. Die AP-Journalisten, die das Geschehen von unten, nahe der Moschee beobachteten, registrierten verzweifelte Ausbruchsversuche der eingekesselten UCK-Guerillas. Die Kämpfe nahmen auf den Hügeln oberhalb des Dorfes noch an Intensität zu. Es stellt sich die Frage, wie die serbische Polizei die Gruppe von Männern sammeln und ruhig zum Exekutionsplatz hätte führen können, während sie ununterbrochen unter dem Feuer der UCK-Kämpfer lag. Wieso wurde der Graben mit den Leichen nicht am selben Abend von Ortsansässigen oder den nach zivilen Opfern suchenden OSZE-Beobachtern entdeckt? Wieso wurde nach dem Verbleib der weggeführten Männer nicht gleich geforscht?
Nach Darstellung der serbischen Seite gab es kein Massaker. Vielmehr wären die während der Kämpfe gefallenen UCK-Kämpfer von dieser in Zivilkleidung gesteckt und am Auffindeort zusammen getragen worden. Tatsächlich finden am Samstagmorgen die Journalisten nur sehr wenig Patronen in der Umgebung des Grabens, bei dem das Massaker stattgefunden haben soll. Auch fehlt die Menge an Blut und Gehirnmasse, die hier zu finden sein müsste. Versuchte die UCK eine Niederlage in einen politischen Sieg umzuwandeln?
Der amerikanischen Tageszeitung Washington Post zufolge allerdings, hörten US-Geheimdienste am 15. Januar eine Reihe von Telefongesprächen zwischen dem serbischen Vizepremier Nikola Sainovic und dem serbischen Innenminister General Sreten Lukic ab, in denen Sainovic sich aus Belgrad nach dem Stand der laufenden Operation in Racak erkundigte. Aus Sorge vor internationalen Protesten, so die Zeitung, erörterten die serbischen Minister die nächsten Schritte nach dem Massaker. In der Folge kamen am 17. Januar die serbischen Truppen zurück und griffen das Dorf erneut an. Etwa hundert Menschen, Journalisten, die OSZE und Einheimische, hielten sich im Dorf auf. Sie flüchteten und die aufgebahrten Leichen blieben unbewacht in der Moschee zurück.
Nach dem erneuten Angriff werden die Leichen von der serbischen Polizei in das serbische Forensische Institut nach Pristina gebracht. Der Chefanklägerin des Internationalen Kriegsverbrechertribunals in Den Haag, Louise Arbour, verweigerten die serbischen Behörden am 19. Januar die Einreise in den Kosovo. Ein serbisch-belorussisches Team beginnt am gleichen Tag mit einer Autopsie, ohne auf das Eintreffen der unabhängigen finnischen Expertenkommission zu warten und ohne die von dieser erbetenen Röntgenaufnahmen zuvor anzufertigen. Am 21. Januar traf dann auch das finnische Team unter Leitung von Helena Ranta ein. Jetzt erklärt das serbisch-belorussische Team, keine einzige Leiche weise Spuren einer Exekution auf. Da aber dieses Team nicht über die notwendige Ausrüstung für eine ordnungsgemäße Autopsie verfügte, kritisiert die finnische Expertin die Aussage als verfrüht. Außerdem wies sie die Methode eines Paraffintests, den die serbischen Behörden zur Feststellung von Schmauchspuren verwendet hatten, als überholt zurück.
Da die Leichen zwischen dem 17. und dem 21. Januar einer neutralen Untersuchung entzogen waren, waren Manipulationen an ihnen durchaus möglich. In ihrem eigenen Abschlußbericht kommt die finnische Kommission zu dem Schluß, dass es sich bei den Toten um albanische Zivilisten gehandelt habe, die einem "Verbrechen an der Menschlichkeit" zum Opfer gefallen sind. Auf die These von gefallenen UCK-Kämpfern, die zu zivilen Opfern wurden, geht der Bericht allerdings nicht ein. Dagegen vermerkt er, dass nicht festgestellt werden konnte, ob die untersuchten Leichen wirklich aus Racak stammten. Sie hätten teilweise bis zu 20 Einschüsse, aber nur an einer seien Schmauchspuren - Hinweis für eine Exekution - gefunden worden. Der Untersuchungsbericht ist also weder ein Beweis für ein Massaker, noch für die serbische These.

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Letzte Chance Rambouillet
Im Februar 1999 beginnen die Verhandlungen von Rambouillet. Dabei geht es um ein Abkommen, dessen Text zuvor in zähem Ringen vor allem von der Balkan-Kontaktgruppe ausgehandelt wurde. Die Albaner haben endlich unterschrieben. Nun geht es darum, die Serben zur Unterschrift zu bewegen. Doch Milosevic kommt nicht selbst, sondern schickt nur Vertreter.
Das Abkommen läuft auf ein dreijähriges Protektorat hinaus, in dem der OSZE-Chef in Pristina das letzte Wort hätte. Es sieht freie Wahlen und den Aufbau von Autonomiebehörden vor, sowie den Aufbau einer Polizei aus Reihen der UCK. Diese soll bis auf wenige Gewehre entwaffnet werden. Serbische Polizei und Streitkräfte sollen bis auf wenige Einheiten in Kasernen und Grenzbereiche abgezogen und der Kontrolle der NATO unterstellt werden, ebenso wie der Luftraum über dem Kosovo. Nach drei Jahren findet eine Überprüfungskonferenz statt, welche einen Mechanismus für eine endgültige Regelung im Kosovo auf Basis des Volkswillens finden soll.
Offenbar ist der letzte Satz aber erst während der Verhandlungen auf Druck der Albaner aufgenommen worden. Obwohl der Satz das Wort "Referendum" vermeidet, ist dieser Teil für die Serben absolut inakzeptabel und ein Grund für die Ablehnung des Abkommens. Der andere ist die Überwachung durch NATO-Truppen, zu denen Belgrad kein Vertrauen mehr hat. Die NATO selbst aber ist nicht gewillt, die Kontrolle z.B. an UN-Truppen abzugeben. So kommt es, dass die Verhandlungen am 19. März 1999 scheitern.

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Deutsche Tornado beim Start in Piacenza Der Krieg beginnt
Am Abend des 24. März 1999 wendet sich Bundeskanzler Gerhard Schröder an die Deutsche Bevölkerung mit folgenden Worten:

"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, heute Abend hat die NATO mit Luftschlägen gegen militärische Ziele in Jugoslawien begonnen. Damit will das Bündnis weitere schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte unterbinden und eine humanitäre Katastrophe im Kosovo verhindern. Der jugoslawische Präsident Milosevic führt dort einen erbarmungslosen Krieg. Wir führen keinen Krieg, aber wir sind aufgerufen eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen."

Am 25. März erklärt Verteidigungsminister Scharping: "Die militärischen Aktivitäten der NATO dienen einem politischen Ziel, nämlich die Abwendung einer humanitären Katastrophe bzw. die Verhinderung ihres weiteren Anwachsens."
Am 27. März sagt er: "Wir wären ja auch niemals zu militärischen Maßnahmen geschritten, wenn es nicht diese humanitäre Katastrophe im Kosovo gäbe mit 250.000 Flüchtlingen innerhalb des Kosovo, weit über 400.000 Flüchtlingen insgesamt, und einer zur Zeit nicht zählbaren Zahl von Toten."

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